Verträumt schauen die beiden Herren ins verschneite Rund des Aarauer Brügglifelds. Plötzlich entdecken sie auf dem matschigen Spielfeld einen gelben Ball. Mit Kindesfreuden stürzen sie sich auf ihn und tollen herum. Nach den ersten Dribblings reisst die Idylle: „Sit ehr bereit für nes Fuessballfäscht?“ dröhnt es aus den Boxen. Die two-man Boygroup lacht neu in einem brasilianisch angehauchten Ambiente. Leichtbekleidete Tänzerinnen stürmen heran, die ihre Föddle schöner schütteln als es Fabienne Louves sich je erträumen könnte. Doch „halted d’Ohre stiif“ – unbedingt:
Daniel Probst und DJ Römer: Brügglifäld olé (2001)
Fast 40‘000 Klicks hat der erfolgreichste Aargauer Song der Neuzeit (nebst Peach Webers „Sun Fun“) auf Youtube. Das sind mindestens „un, dos, tres“ Millionen weniger, als der Klassiker verdient hätte. Der Tagesanzeiger setzte das Lied einst auf Rang 6 aller „Songs, die die rote Karte verdient haben“. Aber der Tagi irrt ja zwischendurch auch mal. Eine viel objektivere Sichtweise beweist Watson: Als „das beste Fussball-Musikvideo aller Zeiten“ kürte das online Medienportal den Gassenhauer.
Chartstürmer
Brügglifäld olé – Mit diesem riesen Hit hievten die beiden Sänger Daniel Probst und DJ Römer kurz nach der Jahrtausendwende nicht nur die Messlatte für Fussball-Musikvideos, sondern auch sich selber, in neue Sphären. Für beide Musiker war es der Startschuss für eine grosse Musik-Karriere. Der Türöffner zur Eroberung der Charts, zum Erklimmen des gesellschaftlichen Aufstiegstreppchens.
Daniel Probst (im Video mit lässig aufgesetzter Sonnenbrille) startete mit seiner Mundart-Rüeblipop-Band „Snöff“ (welche schon 1997 einen ersten FC Aarau Song aufnahm) durch, verfasste nebenbei Welthits mit Aargauer Schulklassen und vereinnahmte von Schöftland bis Zurzach alles, was dem weiblichen Geschlecht zugezählt werden kann. Aaarrriiibaaaa! Doch nicht nur musikalisch war Probst zu höherem berufen. Auch beim FC Aarau verhalf ihm die neue „Club-Hymne“ zu Ehrenämtern: Nach dem quasi Bankrott 2002 fungierte er als eingetragenes Gründungsmitglied der neuen FC Aarau AG, in welche der angeschlagene Verein anfangs 2003 überführt wurde. Seine Fussballmanager-Karriere führte ihn gar bis zum Posten des FCA-Vizepräsidenten.
Auch für den ultimativen DJ Römer war „Brügglifäld olé“ das Sprungbrett zur Sex-Drugs-n-Rock’n‘Roll-Ära. Mit der von Sexappeal nur so strotzenden Band „Sepp Party Duo“ feierte er weltweit Erfolge. Im Jahr 2013 brachte er zuletzt ein Album in Eigenregie raus: „Ich will dich“. Eine Elektro-Pop-Platte die seinesgleichen sucht. Und keine Frage: Er wird wohl absolut jede kriegen, die er will.
Weniger erfolgreich war der Song für denjenigen Verein, an welchen er gewidmet war. Noch in derselben Saison 2009/10, in welcher das Musikvideo auf Youtube veröffentlicht – und nun auch breiten Fankreisen bekannt wurde – verabschiedeten sich die „unabsteigbaren“ Rüebliländer wieder in die NLB. Nach knapp 30 Jahren A-klassigkeit.
Musicstars auch für Hockeystars
Nicht nur der FC Aarau wurde von den aargauischen Pendants zu Enrique Iglesias und Robbie Williams mit einem eigenen Song beglückt. Andere Aarauer Vereine waren von den beiden ebenfalls nicht sicher: So hat auch der Eishockeyclub Aarau seinen „Olé-Ola“-Song aus dem Hause „Snöff“. Leider ist dieses mutmassliche Musik-Prunkstück online nicht auffindbar. Ein Jammer. Und eine Schande, wie sorglos man beim EHC mit seinen (musik)geschichtlichen Glanzpunkten scheinbar umzugehen pflegt. Aber der EHCA, welcher in der Zwischenzeit – seit 2013 mit dem EHC Wettingen-Baden fusioniert – unter dem freudigen Namen „Argovia Stars“ für Furore sorgt, spielt ja auch nur in der dritthöchsten Schweizer Spielklasse – und entsprechend in weniger professionellem Umfeld.
Bevor nun der Aarauer Fussballclub in einem halben Jahr ebenfalls in der Drittklassigkeit verschwindet und dem „Brügglifeld olé“ dereinst selbes droht, sollte man jede Chance nutzen, diesen unverschämt vergeudenden Ausguss an Poesie so oft reinzuziehen, als nur möglich.
“The way you hold me tight makes me feel alright. Heart goes to the beat, bamboleo. Come on onto the floor, I wanna give you more. Shake your body to the bamb-ole-ola!” – Und das Herz schmilzt wie ne Stängelglace im Hochsommer.
Cupfinal olé
Ob „Fredy und Joe“ morgen „gwöss“ auch wieder an den Match kommen, ist noch unklar. Sicher ist, dass das altehrwürdige Stadion Brügglifeld beim sonnabendlichen Cup-Hit nicht so seelenruhig vor sich her dösen wird, wie zum Einstieg ins Musikvideo. Die ca. 1‘500 zu erwartenden Luzerner Anhänger werden der Idylle abzuhelfen wissen und das Stadion in einen stimmungsvollen und heissen Rahmen betten, gegenüber welchem gar die feurigen brasilianischen Tänzerinnen das Nachsehen haben. Äyäyäyäyy!
Weiter bleibt zu hoffen, dass derjenige, der bei Minute 2.57 mit weissem Hemd jubelt, auch morgen wieder allen Grund zur Freude haben wird. Irgendein Blau-Weisser macht ja sicher den „einen oder anderen Topf“. Egal „ob mit dem Fuss oder dem Kopf“.
Noch 1901 Minuten bis zum Kick-Off. Zwei Siege bis zum Schletzinale! Es chribbeled, auf geht’s!