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Luzern findet den Sündenbock

Gestern wurde an dieser Stelle nach dem Sündenbock für die aktuelle Krise beim FCL gesucht. Anhand von subjektiven und an den Haaren herbeigezogenen Argumentationsmustern wurden – völlig willkürlich – potenzielle Sündenböcke präsentiert. Die Faktenlage ist lausig. Dass ein Peter Sauber, seinerseits wohl ältester noch lebender FCL-Fan, über Stirnrunzeln und Gesichtszüge von Personen herzog, die seine Enkel sein könnten, versprach zumindest noch eine gewisse Tragikomik. Dass Juror Petar D. aber ernsthaft vermitteln wollte, Daneli W. habe Einfluss auf irgendwen: Lächerlich! Von den Textflausen des selbsternannten HR-Experten Harud, der bezüglich Personalführung in zwei Jahrzehnten Studentenleben maximal seine eigene (suchtmittelabhängige) Katze geführt hat, wollen wir hier gar nicht erst sprechen. Glücklicherweise gibt es innerhalb der Redaktion des Blog 1901 aber auch seriös recherchierende Qualitätsjournalisten. Während gestern nur gewerweist wurde, werden heute Fakten geliefert: Luzern sucht den Sündenbock nicht mehr, Luzern hat ihn gefunden! Lesen Sie selber…

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Sündenbock: Die Fans

 

„Kei Liedeschaft, Kei Härz, Versager!“ prangerten die hartgesottenen FCL-Fans der Mannschaft nach dem blamablen Cup-Out an. 4 Tage später in Bern stieg im Gästesektor einzig das Promillometer in positive Sphären – die Mannschaft kriegte einen fetten Daumen-Runter präsentiert. 6 Spiele, 6 Niederlagen. Alles Pfeifen, Lutscher, Mentalmimosenflaschen auf dem Platz, sind sich die FCL-Anhänger einig. Von wegen! Die Hauptschuldigen an der aktuellen Krise, sind nicht etwa bei den Herren Schneuwly, Pulijc und Jantscher zu suchen, sondern beim Capo, Fahnenschwinger und Vollrauschpyroproleten in der Fankurve.

 

Was geht bloss in den Köpfen dieser nichtalsdoktorensterbenden Idioten auf den Stehplätzen vor? Holen die Fans nach, was der ehrenwerte Ehrenpräsident Herr Walter Stierli vor 7 Jahren noch in extremis verhindern konnte: Dass die Fans den Spielern den Match bzw. die Saison kaputt machen? Alles deutet aktuell darauf hin. Die spitzfindigen Fans haben einen perfiden Plan. Weil sie es in den letzten Jahren trotz hunderten Seenotfackeln, Tifo-Pyros, Leuchtstiften, Knall- und Rauchpetarden, Heulern, Frauenfürzen, koordinierten und weniger koordinierten Polizeiattacken, jensten Schlägereien mit gegnerischen Fans, Spielfeldstürmen, Mülltonnenschmeissereien, der Einführung des Fanscharia-Faustrechts in Extrazügen und gemeingefährlichen Gleisunterhöhlungen nicht geschafft haben, endlich einen Toten herbeizuführen, haben die Fans ihre Strategie auf anfangs 2016 geändert und versuchen nun, auf friedlicher Basis jemanden zu schänden. Pikant: Es ist – weiterhin – ihr eigener Verein, der FC Luzern, den sie so quasi zu Tote „netten“ wollen.

Das neufriedfröhliche Vorgehen der Luzerner Fussballultras hat sich bereits massiv auf Club und Team ausgewirkt. Der Verein klagt über eine noch nie dagewesene sportliche Talfahrt. Die nachfolgenden Zahlen und Fakten belegen diese, in der Öffentlichkeit bisher unentdeckte, Entwicklung und geben einen Einblick in die verstörte Welt der Luzerner Fussballanhänger.

 

Himmlische Krawallwerte

Rückblende. Noch Mitte Oktober des vergangenen Jahres (Bestandesaufnahme per 21.10.2015) war die Welt für den FCL in Ordnung. Die Fans verhielten sich, wie sich Fans normalerweise halt so verhalten: Unrühmlich, beschämend, daneben. Die Luzerner Supporter hatten den negativen Spitzenplatz bezüglich Fanverhalten inne. Blog 1901 berichtete ausführlich über diese Disziplinlosigkeiten. In 11 von 13 gespielten Meisterschaftspartien wurden bis dahin pyrotechnische Artikel abgefackelt, zumeist massenweise. Die Mannschaft blühte ab so viel Rauch und Flammen auf: Rang 4 in der Meisterschaft – 4 Zähler vor den fünftplatzierten Sittenern. Im Cup blieb Blau-Weiss ohne Niederlage – war voll auf Titelkurs.

 

Erfolgsgarant Pyroshow

Unter anhaltender pyrotechnischer Unterstützung konnte der FCL diese gute Ausgangslage bis zur Winterpause halten, beendete die Hinrunde mit 3 Punkten Vorsprung auf den ersten nicht-Europacupplatz und fegte im Cup alle weiteren Gegner aus dem Weg. In den 22 Pflichtspielen (inkl. Cup) der Hinrunde 15/16 erhellte die Fankurve der Luzerner 18 Mal in Flammen. Eine starke Quote von 81.81%. Nur in drei Meisterschaftspartien verzichtet der FCL-Anhang auf die feurige Unterstützungsmethodik – mit Folgen: 2 der 3 Partien (beide gegen den FC St.Gallen) gingen sang- und klanglos verloren. Einzig gegen den FCV aus dem Ländle reichte es trotzdem zu einem – wenn auch sehr knappen – Sieg. Durchschnittlich 1 Zähler pro Match (3 Punkte in 3 MS-Spielen) fuhr der FCL bei Partien ohne Pyrounterstützung ein – mehr als 1.5 Punkte bei Spielen mit (23 Punkte in 15 MS-Partien). Ein markanter Unterschied. Über 50% bessere Ergebnisse lieferte der FC Luzern ab – einzig und alleine weil die Kurve das machte, was sie machen sollte, 200‘000 Grad heiss.

 

Gewaltloser Absturz

In der Rückrunde nun der fatale Einbruch. 6 Spiele, alle verloren. Pikant: In der Hälfte der ersten 6 Partien im neuen Jahr wurde keine einzige Rauchpetarde eingesetzt. Die FCL-Fans verhalten sich urplötzlich wie Lämmchen. Dies zeigt sich auch beim Auftritt der Kurve: Anstatt in schwarzen Einheitsuniformen mit Krawallhosen und Sturmhauben besuchen sie Auswärtsspiele seit Neustem in wildfarbigen Umhängen, tragen Bananenkostüme und Zauberstäbe. Für Negativschlagzeilen sorgen nur noch die Anhänger der gegnerischen Teams. Paradebeispiel Cup-Halbfinal: Während die FCL-Fans mit einer niedlichen schickimicki-Choreo scheu von Cuperfolgen träumen, handeln die Luganesi-Tifosi fest entschlossen, hieven ihr Team dank enthusiastischem Böller- und Rauchpetadeneinsatz in den Cupfinal.

Das neufriedliche Luzern wird durchgereicht – in allen Rankings. In der Fairplay-Rangliste hat Luzern punkto Fanverhalten die einst stolz ausgebaute Alleinherrschaft verloren und ist auf Rang 3 abgestürzt – mit nur noch 0.5 Strafpunkten (Stand heute). Das sind dreimal weniger als noch im Oktober. Nur noch wenig fehlt und die FCL-Ultras werden gar positiv bewertet – welche Schmach für die einst so gefürchtete Hooliganhochburg Luzern. Die Fans des FCZ kommen aktuell auf 1.5, der FC Basel gar auf 1.75 Strafzähler. Die FCB-Fans haben ihre Luzerner Pendants also nicht nur ein- sondern weit überholt! Die Muttenzerkurve verhielt sich seit dem Oktober sechsmal schlimmer als der Luzerner Anhang: Promt konnte sich der FCB an der Tabellenspitze absetzen, vergrösserte auch den Abstand auf den FC Luzern von 12 auf 27 Punkte! Ganz anders die Situation in der Innerschweiz. Nur noch auf Rang 7 platziert sich der FCL sportlich. Der Rückstand auf den letzten Europacup-Platz beträgt nach Verlustpunkten 8 Zähler.

 

Jedes Mittel recht, um Verein zu schaden

Der Vergleich des Fanverhaltens anhand des Fairplay-Ranking und dem Einsatz von Pyrotechnik sowie der Ranglistenentwicklung der 1. Mannschaft des FC Luzern zeigt eindeutig: Je anständiger sich die FCL-Fans verhalten, je erfolgloser spielt das Team. „Das sind die unwiderlegbaren Fakten“, erklärt Melchior Baltasar, Experte für Zahnmedizin und Hooliganismus. Er sieht im aktuellen Umgang der FCL-Fans Kalkül. Die Fans wollen Pyros salonfähig machen. Fackeln garantieren quasi sportlichen Erfolg. Dies wollen die Fans aufzeigen. Es geht hierbei auch um Macht. Der sportliche Erfolg wird fahrlässig in Geiselhaft genommen. Der Misserfolg wird von den Fans also bewusst herbeigeführt bzw. zumindest in Kauf genommen. Für Melchior Balasar ist daher klar: “Die Hauptschuld am sportlichen Debakel trägt die Fankurve. Durch die massive Reduktion des Pyroeinsatzes, bis hin zum kompletten Verzicht (!) auf Feuerwerkskörper, wird der Club geschwächt”. Weniger Pyro bedeute weniger Punkte.

In einer Kurzumfrage auf Facebook zeigen sich die Fans allerdings wenig einsichtig: „Wir machen was wir wollen, scheiss Medienfuzzi“ scheibt einer der Ultras in feiger Anonymität. Ein anderer doppelt nach: „Niemand verbietet uns, Pyro zu verbieten. Pyro nicht einzusetzen ist Teil der Fankultur“. Es sind dies ganz eigene Ansichten davon, was eine richtige, gute und wahre Fankultur ausmachen. Aber scheinbar sind die Fans von ihrem Plan überzeugt: Keine Pyros. Wohlwissend, was sie ihrem Verein damit für einen Schaden zufügen.

 

Neue Freundschaften

Der Super-Alpha-Sündenbock für die aktuelle Krise beim FC Luzern steht also auf den Rängen, im Fansektor. Sie, die Fans, hätte es in der Hand, mit dem Einsatz von jedmögichen verbotenen Materialien, den Verein zurück in die Erfolgsspur zu bringen. Aber die Fans wollen das nicht. Stattdessen fallen die Supporter dem Verein nonstop in den Rücken. Das ist zwar nicht neu: Jahrelang schon sorgte die Fanbasis wegen dem verantwortungslosen Umgang mit Pyro und für Bad-Publicity, obwohl das keiner wollte. Und nun, da die Anhänger mit ein wenig Pyrokrawall den Verein unterstützen könnten, sind sie einfach nett und lieb. Verkehrte Welt.

 

Als wäre das noch nicht genug des guten Bösen, verbrüdert sich die Fanszene auch noch mit dem aktuellen Haupt-Feind des Clubs, mit der von Shivanesen unterwanderten Neuen Luzerner Pfadizeitung. Deren Chef Thomas (er ist Dutzis mit der halben Kurve und war mit einem der Capos schon gemeinsam in den Ferien) rühmte den Luzerner Anhang vergangenen Sonntag in seinem Blatt in höchsten Tönen: „Grosszügig“ sei er, der „mächtige Luzerner Fanblock“. „Schlicht grossartig, was da an Choreografien ausgerollt werden“ adelte er seine Freunde vom harten Kern weiter. Und um die tiefgründige Freundschaft noch zu untermalen, sei dass, „was die Jungs (mit den Girls kanns Thomas scheinbar nicht so gut, Anm. der Red.) für ihre Fussballvorbilder vorbereiten, an Grosszügigkeit nicht mehr zu überbieten“. Ab so viel Grossbarmherzigkeit in einem Kommentar-Abschnitt könnte der gemeine Wölflipost-Leser schon fast etwas stutzig werden, insbesondere da die Wortwahl gegenüber Fans ansonsten eher entgegengerichteter Form ist. Ach was.

 

Der Club geht in den Arsch. Seine Gegnerschaft hat die Reihen geschlossen. Alle sind ihm feindlich gesinnt: Der Medienpartner, die Fans, Roger Wehrli, der Blick. Der Präsident lässt seine Jalousien ganztags unten, versteckt sich im dunkelsten Büro des erhellsten Stadions der Welt. Die Politik ist ratlos. Die CVP fordert in einer ersten Stellungnahme ungewohnt zurückhaltend, man könne eventuell ja mal prüfen, ob man sämtliche bestehenden und geplanten Hooligankonkordate sistieren könnte, vielleicht brächte das wieder etwas von diesem Krawall, den man von früher her kannte, zurück. Auch die Polizei ist zermürbt: „Die Friedliebigkeit der Fans hat ein ganz neues Level erreicht“, vermeldet Polizeikommandant Achermann. Er fürchtet, Korpaufstockungen und der Kauf von Wasserwerfern der neusten Generation könnten daher dem kantonalen Spardiktat zum Opfer fallen. Und Worstcase: Die Lügenpreisse ist auf Schmusekurs mit den Ultras.

Erschreckende Nachrichten. Keine einfache Situation für den FC Luzern und seinen bezahlten Präsidenten, seine bezahlten Spieler und seine ebenfalls bezahlten Angestellten.

 

Querulanten gesucht!

Auf externe Hilfe kann der FCL also nicht zählen. Erschwerend kommt hinzu, dass der FCL intern nur über sehr beschränkte Möglichkeiten verfügt, überhaupt irgendetwas zu bewirken. Für Abhilfe sorgt – einmal mehr – der glühende Stern unter allen PR-Abteilungen, das positives Aushängeschild der Vermarktungsszene, der Ideenjungbrunnen der Zentralschweiz: Die FCL-Marketing-Abteilung. Mit einer neuen Plakat-Werbekampagne versucht der FC Luzern dem unsäglichen Fairplay der Kurve Einhalt zu gewähren. Mit Slogans wie „Mehr raufen anstatt saufen“ oder „Fackeln abbrennen anstatt Alkoholika abenstellen“ sollen die Fans dafür sensibilisiert werden, dass die grassierende Gewaltlosigkeit dem Verein massiven Schaden zufügt. Doch reicht das aus? Bringt man Fans einzig und alleine mit simplen Slogans dazu, anstatt die Freundin oder den Sohn, wieder die Raketen und Hörsturzböller mit ans Fussballspiel zu nehmen? Schafft man es, dass die Fans einsehen, dass ein Fussballspiel nicht nur aus 6 Bier, einer elektronisch erwärmten Wurst und dem Kauf des immerneusten, werbevollgepflasterten Vereinsliblis besteht, sondern insbesondere eben auch aus leidenschaftlich-wüsten Schiedsrichterbeleidungen, handgreiflichen Auseinandersetzungen mit – vorteilhaft gegnerischen – Anhänger im Stadion und der herzhaften Verwendung von Wurf-, Knall- und Pyrogegenständen jeglicher Art? Die Plakatkampagne sei ein Puzzlestück im wohldurchdachten Mosaik, erörtert Fischer Max, lustigster Medienchef aller Zeiten. Ein weiterer Schritt hin zur Wiedererlangung von Stadion-Rauchschwanden macht der FCL, in dem er beim heutigen Spiel gegen Lugano allen potenziellen Chaoten zwei Zusatzbillete schenkte (1+2=3!). „Wir hoffen darauf, dass die gewaltbereiten Elemente der Kurve so auch noch ihren Raufkumpel oder den verwahrlosten Nachbarn mitnehmen. Sind im Stadion mehr potenzielle Unruhestifter anwesend, erhöht das die Chancen auf eine Eskalation markant. Entsprechende Fan-Studien aus Deutschland (Syrien, Anm. der Red.) und England (Brasilien Anm. der Red.) belegen das“.

 

In wenigen Stunden wird sich weisen, was all diese Massnahmen gebracht haben. All zu grosse Hoffnungen sollte man sich allerdings nicht machen. Die Fans scheinen zu allem bereit. Man muss heute Abend tatsächlich ernsthaft damit rechnen, dass – trotz Flutlichtspiel – erneut auf die Verwendung von Feuerwerkskörpern verzichtet wird. Unfassbar. Wann endlich, fragt man sich je länger je mehr, wird auf der Allmend wieder herzhaft Bier nach dem generischen Eckballtreter geschmissen, leidenschaftlich Fackeln geschwungen und der unvergleichbare Geruch von frisch abgebrannten Rauchpetarden eingeatmet? Früher war einfach alles besser.

 

Anmerkung: Ja, selbstverständlich ist dieser Eintrag ein Aufruf zu Gesetzesverstössen aller Art.

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96 Kommentare

  1. Eddy Beutter says:

    Genialer Ironie-Kommentar. Weiss nicht ob bei der extem geistreichen FCL-Fanscene der Groschen fällt

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